Nachruf

 

 

"Ich habe drei wunderbare Kinder
  und sechs wunderbare Enkel, ich bin so glücklich“

Das waren ihre Worte, wann immer sie mit Menschen ins Gespräch kam. Ihre Familie war ihr ganzer Stolz und auch Lebensinhalt. Jedem, der es hören wollte oder nicht, stellte sie ihre Kinder dem Alter nach vor. Uns war das manchmal schon fast unangenehm. Sie aber blieb unbeirrt und zupfte die Leute sogar am Ärmel, wenn sie nicht gleich zuhörten.

 

 

Unsere liebe Mutter und Omi Eli wurde am
2. Februar 1918 in Gajdel in der heutigen Slowakischen Republik geboren.
Das Elternhaus bedeutete ihr sehr viel. Es wurde noch vor Beginn des 2. Weltkrieges von ihrem Vater fertig gestellt und war seinerzeit eines der ersten massiv gebauten Gebäude im Dorf.

 

 

 

 

 

Der kleine elterliche Landwirtschaftbetrieb konnte die vielköpfige Familie nicht ausreichend ernähren. Die jungen Leute des Dorfes waren überwiegend gezwungen "in der Fremde" ihr Auskommen zu finden.

 

 

Zunächst war sie als Hausmädchen in hochherr-schaftlichen Haushalten angestellt. Später ging sie nach Ostdeutschland um in Halle a.d. Saale als Laborassistentin in den Leuna-Werken ihre Familie finanziell zu unterstützen. Aus dieser Zeit stammt auch das Portraitfoto.

 

Welch attraktive junge Frau!

Die grünen Augen hat sie – außer an ihren Sohn Toni – auch ihrer ältesten Enkelin Alexandra (Dex) vererbt. Beide haben die Vorliebe für alle Grüntöne , die auch sie so liebte.

 

In ihrem Nachlass haben wir einige Fotos von gut-aussehenden jungen Männern gefunden, deren Namen wir nicht kennen und deren Gesichter wir nie kennengelernt haben. Alles ihre Verehrer.

 

 

 

 

 

Die Tätigkeit als Laborassistentin bei den Leunawerken hat sie bis weit in den Zweiten Weltkrieg, solange es ging, ausgeführt. Nachdem Halle a.d. Saale bombardiert wurde, traf sie sich mit der Familie und anderen Freunden in Österreich.

Kurz nach Kriegsende hat sie ihren Jugendfreund Julius Jantschek in Linz (Österreich) geheiratet. Der Sohn Anton (Toni) wurde im Februar 1946 in der Heimat geboren.
Kurz danach wurde die kleine Familie aus der Heimat vertrieben. Sie fand auf einem großen Bauernhof in Ilshofen bei Schwäbisch Hall für die ersten Jahre eine Bleibe.

 

Dort wurden die beiden Töchter Helga (im April 1947) und Gisela (im Dezember 1952) geboren.

 

Anfang 1953 übersiedelte die Familie nach Stuttgart-Steinhaldenfeld in eine winzige Sozialwohnung.

1956 hat Helga die Hl. Kommunion gefeiert, die von der Familie groß begangen wurde.

Um ihren 3 Kindern ein gutes Leben zu bieten, ging sie tagsüber im damaligen Paketpostamt Stuttgart nahe dem Rosensteinpark arbeiten.

Vater Julius, zunächst als Zimmermann beschäftigt, mußte aus gesundheitlichen Gründen seine körperlich schwere Arbeit aufgeben. In Bad Cannstatt fand er bei einer Maschinendreherei eine Anstellung als Maschinenarbeiter.

 

1959 hat ein erstes landsmannschaftliches Treffen der Karpatendeutschen in Ludwigsburg stattgefunden, bei dem sich viele alte Freunde nach Jahren wiedergesehen haben.

Die Bindung zu den Menschen aus der alten Heimat war sehr eng. Die Treffen mit Angehörigen und Freunden war immer ein sehr großes Erlebnis.

Hier ein Foto von diesem Treffen mit ihrer Familie und mit der Familie Ignaz Jantschek, einem Bruder von Vater Julius.

 

1961 bekam man in Stuttgart-Ost endlich eine größereWohnung. Dort blieb man, bis sie 1979 nach 10 Berufsjahren als Büroangestellte „beim Daimler“ von Kollegen reich beschenkt und mit großen Ehren in den Ruhestand verabschiedet wurde.

 

1980 haben sich unsere Eltern einen Traum erfüllt und das eigene Haus in Bernhausen zusammen mit der Familie des Sohnes Toni bezogen.
Viele schöne Jahre haben sie dort mit Blick ins Grüne verbracht und sooft es ging, ihre große Familie um sich geschart.

Im Februar 2003 verstarb unser Vater im 90. Lebensjahr. Unsere Mutter hatte einige Schwierigkeiten, sich mit der neuen Lebenssituation zurechtzufinden.

Ihre Bindung an den im Hause lebenden Sohn Toni wurde immer enger und auch anstrengender für ihn und uns alle.

Im September 2004 erfüllten wir ihr einen Herzenswunsch und reisten (Flug mit der Sky Europe) nach Bratislava in die Slowakei. Sie hatte überhaupt keine Flugangst und genoß den Nachtflug und die vielen bunten Lichtern auf der Erde.

Den beiden Piloten begegnete sie nach dem Aussteigen zufällig. Natürlich bekamen die beiden auch ihr Lob ab: „Wie sie das so können, ich bin ganz begeistert“.
Die perplexen Piloten versichterten ihr daraufhin, selbst auch begeistert von ihren eigenen Flugkünsten zu sein.

Der Abstecher in ihre Heimat Gajdel führte sie nach Besuch ihres ehemaligen Elternhauses gleich zu dem Haus, in dem ihr Sohn Toni geboren wurde.

Das Gebäude wird seit langer Zeit nicht mehr genutzt und wird von den jetzigen Eigentümern offensichtlich dem Verfall preisgegeben.

Auch zum Bedauern von Toni's Cousin Gesa (rechts im Bild).

An diesem Tag stellte unsere Mutter unsere Geduld auf eine besonders harte Probe. Alle Menschen, die Sie noch in Erinnerung hatte, wollte sie besuchen und sich mit Ihnen unterhalten..

 

 

 

Das gebirgige Land rund um Gajdel mit der höchsten Erhebung, dem Nasenstein, war das nächste Ziel unserer Reise. Viele Erinnerungen rankten sich um diese viel besungene Erhebung von beeindruckender Naturschönheit.

Das Lied vom Nasenstein sang sie bei fast jedem unserer Besuche zuhause - bis kurz vor ihrem Tod.

Dieser Abstecher in die Slowakei soll kein Reisebericht sein, sonder nur zeigen, wie rüstig und lebendig und lebensfroh unsere Mutter mit ihren zu der Zeit  86 Jahren war.

 

 

 

 

 

2005 gab es dann den Gegenbesuch von unseren Cousinen aus Bratislava.

Die Biologin im Ruhestand Erika (hintere Reihe
2. von links) brachte ihre Enkelin Barbara (hinten
l. von links) mit, die zum ersten Mal in Stuttgart war.

Ihre Schwester Alice (vorne, 3. von links) ist noch als Hochschuldozentin an der Universität für Sportstudenten Bratislava tätig und konnte ebenfalls ein paar Tage frei machen.

Der Garten vor der Terrasse des Hauses Am Fleinsbach 13 bot dazu die ideale Kulisse. Gerne wäre unsere Mutter sofort in dem Jahr wieder in die Slowakei geflogen. Sie fühlte sich noch beweglich und gesund und war zu allem bereit.

 

Auch für fast jeden Spaß war sie zu haben, zur Begeisterung ihrer
Enkel, wie man hier sieht.

Dieses Foto hat die eine oder andere der Mädels auch als Hintergrundbild für ihren PC genutzt. "Meine Oma rockt!"

 

 

 

 

 

 

 

Im Jahre 2007 gab es einige Höhepunkte in ihrem Leben, die sie noch fit und ausgelassen mitfeierte.

Die Hochzeit von Alexandra und Frank an Silvester 2006 / 2007 hat sie voller Schwung bis in den frühen Morgen mitgemacht.

Auf diesem Foto führt sie ihre Enkelin Melanie (Meli) zu einem schwungvollen Walzer.

Sie hat sich nicht nehmen lassen, allen Gästen persönlich ein gutes und gesundes neues Jahr zu wünschen. Die jungen Leute waren von ihr hellauf begeistert.

 

 

In Hayingen bei Richard´s 60iger und ihrem eigenen 89. Geburtstag war sie keinem Tänzchen abgeneigt und verschmähte auch nicht das eine oder andere Gläschen Sekt (mit Saft).

                                                         

 

 

Der letzte Höhepunkt war ihr 90igster Geburtstag. Sie war der Mittelpunkt des Tages.

Sie begrüßte alle Gäste ausgiebig und auf das herzlichste, nahm alle Telefonate an, gab ein Rundfunk-Interview am Telefon und sang voller Freude alle Geburtstagslieder mit.

Als hätte sie jetzt alles getan, was in ihrem Leben wichtig war, erlitt sie nur vier Wochen später einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht mehr erholte. Ihr gesundheitlicher und ihr geistiger Zustand verschlechterten sich rapide.

Über Wochen hinweg war täglich jemand aus der Familie bei ihr.

 

Am 29. Mai 2008 um 9.40 Uhr ist unsere Mutti und Omi Eli friedlich und ruhig eingeschlafen. Leider hat sie die freudige Nachricht, im Januar 2009 zum ersten Mal Uroma zu werden, nicht mehr erfahren dürfen.

Sonst hätte es geheißen:
"Ich habe drei wunderbare Kinder, sechs wunderbare Enkel und einen wunderbaren Urenkel (oder Urenkelin?),
ich bin so glücklich“

 

***